Sonntag, 19. Oktober 2014

Guatemala: Guatemala City - Camino Seguro

Seit anfangs Oktober sind wir jetzt schon in Guatemala und arbeiten bei Camino Seguro. In diesem Blogeintrag geht es um das Projekt und um unsere Arbeit darin; unsere Erlebnisse in Antigua und unsere Reisen in Guatemala werden wir im nächsten Blogeintrag berichten...

Camino Seguro ist ein Projekt in Guatemala City, welches den Kindern aus der Umgebung der Müllhalde Zugang zum Bildungssystem ermöglicht und damit eine Perspektive und einen möglichen Weg aus der Armut schafft.

Wir besichtigten die Müllhalde mit dem Visitors Coordinator von Camino Seguro - ein sehr eindrückliches, berührendes, trauriges und erschütterndes Erlebnis! Die Müllhalde ist der Arbeitsort der Community - wir haben dem Geschehen aus Sicherheitsgründen von einem Friedhof aus zugesehen, der oberhalb der Deponie liegt.




Die Müllhalde in Zone 3 von Guatemala City ist die grösste von ganz Guatemala, 1/3 des Abfalls des Landes werden hierher gebracht. 900 gelbe LKWs bringen täglich 1‘500 Tonnen Abfall auf die Mülldeponie. Die Arbeiterinnen und Arbeiter (80% sind alleinerziehende Mütter!) recyceln den Abfall mit ihren blossen Händen. Sämtlicher Abfall, ausser jener von Krankenhäusern, wird hier deponiert, das heisst beispielsweise auch Chemieabfälle (Bayer, Merck und andere Gross-Unternehmen sind in unmittelbarer Nähe…). Der Anblick war schrecklich. Die Lastwagen fahren ein, die Arbeiterinnen und Arbeiter halten ihre Hand an das fahrende Fahrzeug um ihr Anrecht auf den Abfall zu reservieren und sobald der LKW-Fahrer den Abfall ablädt, stürzen sie sich darauf und suchen die recycelbaren Güter heraus. Die Bilder der Mülldeponie wurden uns von Camino Seguro zur Verfügung gestellt (siehe auch: boston.com).



Die Arbeiterinnen und Arbeiter recyceln 30% des gesamten Abfalls – das heisst 30% tragen sie wieder von der Mülldeponie weg, meistens zu ihnen nach Hause um den Abfall zu sortieren. Die Menschen leben wortwörtlich in Abfall.





Die Arbeiterinnen und Arbeiter verdienen an einem üblichen 12h Arbeitstag 30 bis 40 Quetzales (dies entspricht ca. 3.75 SFr., bzw. 3 Euro). Im Schnitt haben die alleinerziehenden Mütter 5 Kinder. Wenn man von drei Mahlzeiten am Tag ausgeht, bedeutet dies also 2 Quetzales pro Person und Mahlzeit – damit kann man sich eine Tortilla (Fladenbrot, Durchmesser ca. 10cm) kaufen. Eine 1l Flasche Wasser im Supermarkt kostet 4 Quetzales.

Den Kindern genau dieser Community möchte Camino Seguro helfen, indem der Zyklus der Armut durch Bildung durchbrochen wird. Bis vor Kurzem hat Camino Seguro die Kinder mit Stipendien für die öffentliche Schule unterstützt, hat ihnen (und ihren Familien) Essen und Trinken geboten, sowie Kleidung und Unterstützung bei Hausaufgaben. Camino Seguro ist nun dabei das System zu ändern, um als offizielle Schule fungieren zu können. Diesen Status haben sie für das erste und das zweite Schuljahr bereits erreicht. Jedes Schuljahr soll nun eine weitere Stufe hinzukommen. 
Für die 2 bis 6-Jährigen bietet Camino Seguro die Escuelita (siehe folgende Bilder). Auch für die Mütter werden Kurse geboten, damit sie ihre Schulbildung absolvieren können (siehe hierzu auch den sehr empfehlenswerten Film „Manos de Madre“). Häufig arbeiten die Mütter nach abgeschlossener Ausbildung in der Näherei von Camino Seguro oder stellen Schmuck zum Verkauf her. Auch die Väter zeigen nun vermehrt Interesse und absolvieren beispielsweise Englisch- oder Computerkurse.




Und genau dieses Projekt unterstützen wir seit anfangs Oktober. Wir nehmen täglich um 07:30 den alten Camino Seguro US-Schulbus (aufgrund der hohen Kriminalitätsrate ein Privatbus) und fahren nach Guate zum Projekt. Die Gebäude befinden sich in unmittelbarer Nähe der Garbage Dump - täglich kommen wir daran vorbei, wenn wir vom Hauptgebäude zur Escuelita fahren.


Morgens arbeiten wir zusammen mit den Erstklässern - helfen den Kindern wenn sie Mühe bei den Übungen haben, aber schenken ihnen hauptsächlich Aufmerksamkeit und ganz viel Liebe. Man spürt richtig, wie ausgehungert die Kinder sind und es fühlt sich extrem schön an, ihnen diese Wärme und Nähe geben zu können. Am Nachmittag arbeitet Mike mit den Drittklässern und ich unterstütze die Volunteer Koordinatorin bei administrativen Belangen. Zudem planen wir ein Training bezüglich Feuerprävention.

Es ist erstaunlich, wie irrelevant Worte sind. Wir können beide mässig spanisch (estamos estudiando! ;-) ), doch den Kindern scheint es völlig zu reichen, dass wir mit offenen Herzen auf sie zugehen - eine superschöne Erfahrung!






Abends um Viertel vor fünf fahren wir jeweils ziemlich erschöpft wieder zurück nach Antigua, wo wir dann den Abend in ruhiger Atmosphäre ausklingen lassen. Ganz anders als die Kinder, die am Abend wieder zurück in ihre Realität gehen...



Esperanza, Educación, Oportunidad
Hoffnung, Bildung, Chance